Die STK Mitte begleitet die Stadtentwicklung gerne mit kritischen Anmerkungen und Anregungen, die sich in diesem Bericht widerspiegeln.
Generell vertritt die STK ein einfaches Prinzip: Umbau vor Abriss. Historisch wertvolle Bausubstanz sollte, erhalten werden.
Zum Spaziergang hatten die STK Mitte interessierte Bürger am 27.06. um 17:00 eingeladen, um den aktuellen Stand bei den Highlights der Bremerhavener Innenstadtentwicklung in Augenschein zu nehmen. Der Weg führte vom Platz vor der großen Kirche vorbei am Gelände des alten Finanzamtes, zum Koggenbräu. Noch am frühen Nachmittag hatte ein heftiges Gewitter mit sturzbachartigen Regenfällen und Hagel über der Innenstadt getobt. Doch Petrus hatte ein Einsehen. Zwölf Bürgerinnen und Bürger, sicherheitshalber regenbeschirmt, trafen sich bei leichtem Sonnenschein und schwülwarmer Temperatur, um sich gemeinsamen auf den Weg zu machen.
Neben der großen Kirche wird ein kleiner Stadtpark entstehen. Die STK begrüßt das sehr. Ein Blick auf den „Stadtpark in spe“ zeigte, durch Büsche getarnt, ein Gemeinschafts-WC für Männer, Damen und Behinderte.
Der Zustand diese WC wurde als bedenkenswert beschrieben. Viele lehnen die Benutzung aus hygienischen Gründen ab. In der Innenstadt gäbe es reichlich Leerstand für den möglichen neuen Standort einer privat betriebenen Toilettenanlage. Der Vorschlag Abriss und Umzug des Klohäuschens fand in der Gruppe breite Zustimmung.
Der Startpunkt des Spaziergangs, nahe dem Stadtmittelpunkt, war ideal. Sich um die eigene Achse drehend, sind dort viele zentrale Punkte zu erblicken. Peter Frei erinnerte einführend, anhand historischer Bilder, an die Entwicklung der Bürger bis hin zur Fährstraße und Geeste Brücke. Seit dem später 19. Jahrhundert war hier fast 100 Jahre eine, anfangs pferdegezogene, Straßenbahn unterwegs. Der Blick durch die schnurgerade, 960 m lange, Bürger hinab Richtung Theodor-Heuss-Platz wird etwa auf Meter 860 verstellt.
Aktuell soll dort ein Imbiss-Stand entstehen. Wie kürzlich zu hören war, ist das Objekt im Besitz der Stäwog. Das räumt der Stadt nach Auslaufen bestehender Verträge einige Gestaltungsmöglichkeiten ein. Der Vorschlag, hier den Weg wieder freizumachen für Fußgänger und Radfahrer, fand allgemeinen Anklang.
Nach diesem Exkurs war erster Schwerpunkt unseres Stadtspaziergangs ‚Karstadt‘.
Ralf Ekrowski erläuterte aus seiner Sicht die vor kurzem öffentlich gemachte, aber dem Magistrat bereits seit Herbst im Wesentlichen bekannte, „Studie zur Markthalle der Nachhaltigkeit“.
Dort liest der erstaunte Leser: „Die Realisierung einer Markthalle durch einen privaten Investor wird – angesichts einer Renditeerwartung in Höhe von 3,13 % sowie mit Blick auf mögliche Risiken wie Leerstand, Mietausfälle etc. – kritisch gesehen, sofern nicht Querfinanzierungen zur Stabilität beitragen können.
Vor diesem Hintergrund rät der Gutachter darüber nachzudenken, ob eine Errichtung des Gebäudes in kommunalen Eigentum möglich wäre, da die Schaffung einer Markthalle und des mit ihr verbundenen Angebotes teilweise im öffentlichen Interesse (Steigerung Versorgungsfunktion und Attraktivität für Besucher:innen und Tourist:innen, Schaffung von mehr Lebensqualität etc.) liegt.“ Nach Einschätzung der STK Mitte hat der private Investor, keinerlei persönliches Interesse an unserer Stadt. Es ist aber sein gutes Recht, eine anspruchsvolle Rendite aus seinem Kapitaleinsatz zu erwarten. Allgemein befürchteten die teilnehmen Bürger auf mittlere Sicht eine ähnliche Entwicklung wie beim Hanse Carre und bedauern, dass die Stadt nicht den Mut aufgebracht hat, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Arne Törnissen, unser Architekt im Team, beleuchtet dann einige Aspekte der baulichen Herangehensweise. Insbesondere die Nicht-Nutzung vorhandener Gebäudeteile wurde kritisch gesehen.
Umbau geht vor Abriss. Die Teilnehmer unseres Spaziergangs waren sich einig. Noch steht das Gebäude.
Schreiben Sie uns gerne Ihre Meinung.
info@stkmitte.de
Der Weg führte die Gruppe weiter zur neuen Blumenwiese auf dem gut eingezäunten Gelände des Alten Finanzamtes. Nach einigen Aussagen aus der Politik, die man gelegentlich hört, könnte hier ein kleiner Stadtwald entstehen.
Davon war wenig zu sehen und das natürliche Wachsen eines Waldes dauert lange Zeit. Die STK favorisiert hier einen Neubau, der das Stadtbild zur Columbus Straße hin, wieder abrundet und sehr gut geeignet wäre für die Stadtbibliothek oder als Erweiterung der Hochschule. Der heutige Blick auf die Rückfront der Häuser der Bürger (e.g. C&A) wirkt dabei eher trostlos. Offensichtlich wurde das Grundstück beim Abriss für einen Neubau vorbereitet. Es scheint hier keine konkreten Vorstellungen zu geben; jedenfalls sind diese der STK nicht bekannt.
Bald erreichte die Gruppe das Ziel der Stadtwanderung: das Koggenbräu. Endlich war zu hören, dass hier die wertvolle Substanz des alten Gebäudes erhalten bleiben soll. Man erinnert sich: Umbau vor Abriss. Angeblich sei das sogar vertraglich mit dem Käufer so vereinbart. Nun hört man jüngst, dass doch abgerissen werden müsse, weil die Statik des alten Gebäudes einer weiteren Aufstockung wohl nicht gewachsen sei. Welche Wendung! Kein Ausstieg aus dem Ausstieg des Ausstiegs, der in Bremerhaven nicht möglich zu sein scheint. Ein gewisses Beklemmen stellt sich bei den Teilnehmern ein, als sie der Dimensionen des Erweiterungsneubaus vor Ort einmal bewusst gemacht hatten. 1,25-mal so hoch (5 Stockwerke) und 5-mal so lange, ergibt ein Gebäude mit etwa dem 6,25-fachen Volumen der bisherigen Konstruktion, ohne Berücksichtigung der Logistikflächen, die für den An-und Abtransport von Gütern benötigt werden.
Hätte es eine Nummer kleiner nicht auch getan und steht ein solcher „Bau“ hier an der richtigen Stelle?
Nachdenklich machten wir uns auf den Nachhauseweg.
Text: Peter Frei ( R.Ekrowski) 2024